Buchbesprechung von Rudolf Blauth in "Tansania-News" 2/2014

 

Berlin im Februar 1907: Spielende Kinder entdecken in Berlin eine männliche Leiche und setzen den Mordbereitschaftsdienst der Polizei in Bewegung. Die Spuren führen in die Kolonie Deutsch-Ostafrika, wo der junge Berliner Kommissar Ernst Gerlach in der deutschen Kolonialszene die Ermittlungen aufnimmt. In Lutindi, dem von Bodelschwingh in den Usambara-Bergen gegründeten „Irrenhaus im Urwald“ sowie im benachbarten

Amani findet er die Losung des zunächst sehr rätselhaften Mordfalls.

 

Der im Eigenverlag erschienene Roman ist recht ungewöhnlich: Er sollte weder in Erwartung einer literarischen Spitzenleistung noch in Erwartung einer besonders spannenden und dichten Handlung gekauft werden. Auch fehlen längere und intensive Beschreibungen der afrikanischen Landschaften, Menschen und früheren Missions- und Kolonialstatten.

Umso erstaunlicher ist die historische Qualität des Buches, dem die jahrelangen Recherchen des Autors deutlich anzumerken sind. Auch einem Kenner der deutschen Kolonialgeschichte durfte es schwer fallen, auch nur einzigen historischen Fehler zu entdecken - selbst in den kleinsten Details. Sogar die lange Passage, die in Lutindi spielt, zeichnet sich durch ein intensives Quellenstudium der Missionsgeschichte aus. Das Buch ist „politisch korrekt“ - und dies ist wirklich anerkennend gemeint.

 

„Interessante Verknüpfung von Handlung und fiktiven Briefen“

 

Bemerkenswert ist (vor allem in der zweiten Hälfte des Buches) auch die interessante Verknüpfung fiktiver Briefe mit der weitergehenden, aus den unterschiedlichen Perspektiven der einzelnen Protagonisten geschilderten Handlung. Ein Buch, vor allem geeignet für alle, die sich vor ihrer ersten Tansania-Reise anhand eines Romans in die deutsche Kolonialgeschichte einlesen wollen.

Hätte der Autor persönlich die historischen Statten vor Ort besucht, seine dort erworbenen eigenen Eindrucke in die Handlung mit einfließen lassen und dadurch den Leser auch sinnlich (und nicht überwiegend historisch) auf die Afrikareise des Berliner Kommissars mitgenommen, dann wäre dem Autor ein größerer Leserkreis sicher gewesen.

Rainer Beuthel lebt in Eckernforde, der Partnerstadt von Tanga. Er hat dort bis zu seiner Pensionierung als Bibliothekar in der Stadtbucherei gearbeitet. Seine empfehlenswerte Homepage ist ausgesprochen professionell gestaltet.

 

Rainer Beuthel, „Ackerstraßenmord“,

Eigenverlag, Eckernförde 2014, 200 S., 8,90 EUR (TB)

www.rainer-beuthel.de






Buchbesprechung des Lektorats der Büchereizentrale Schleswig Holstein / Dezember 2014:

 

 

Beuthel, Rainer:

Ackerstaßenmord


Berlin 1907: Charlotte v. Marwitz, eine gepflegte junge Dame, meldet sich im Polizeipräsidium, um eine Aussage in der Angelegenheit des unbekannten Toten aus der Ackerstraße zu machen. Es handele sich um ihren vermissten Bruder Alexander v. Marwitz, der erst seit einigen Monaten wieder in Berlin weile und aus Deutsch-Ostafrika zurückgekehrt sei. Kommissar v.Burg und sein Assistent Gerlach nehmen die Ermittlung in dem mysteriösen Fall um den toten Offizier der kaiserlichen Schutztruppen auf. Wie kam der traumatisierte Heimkehrer in den finsteren Keller neben der Absteige der Prostituierten Elli Maurer zu Tode? Die Spur führt nach Ostafrika, wohin sich Assistent Gerlach einschifft. Er spürt Hauptmann v. Mackensen auf, den Verantwortlichen schlimmster Kriegsverbrechen, der den einzigen Zeugen v. Marwitz tötete. Gerlach gelingt es jedoch nicht, den Mörder dingfest zu machen. Rainer Beuthel, langjähriger Kollege aus Eckernförde, fesselt mit einer historisch belegten Episode deutscher Kolonialgeschichte. Geschickt verbindet er in kurzen Kapiteln fiktive Handlungsstränge mit genau recherchierten historischen Fakten. Ein gelungener Krimi mit einem wilhelminisch würdigen Ermittlerduo, von dem man gern Weiteres lesen möchte.